Neubau Mark-Twain-Grundschule, Neu-Ulm

Immission von der Europastraße, Immission von der Ein- und Ausfahrt des Parkhauses - die Immissionsgrenzwerte sind an den potentiellen Ost-, Süd- und Westfassaden überschritten - eine 110m lange, viergeschossige Parkhausfassade gegenüber - ein wenig attraktiver Ausblick für sechs- bis zehnjährige - eindeutige Gründe ein städtebaulich äquivalentes Gegenüber zu schaffen, eindeutige Gründe alle Klassenräume Richtung neuem Schulcampus, Richtung Nord-Westen zu orientieren. Passive Schallschutzmaßnahmen zur Wahrung der Innenpegel der Unterrichtsräume sind unserer Überzeugung nach jedenfalls nicht die richtige Antwort für einen Grundschulneubau, technisch alles machbar, im Invest teurer, im Unterhalt anfälliger, zudem ist und bleibt die natürliche Fensterlüftung ein unschätzbarer Mehrwert.

Der Ort fordert Länge, der Ort fordert Höhe, die Aufgabe fordert Geborgenheit, die Aufgabe fordert Maßstäblichkeit, keine Gegensätze wie wir meinen. Der Baukörper in der Gebäudeflucht der benachbarten Bebauung wie auch dem Albertinum ist selbstverständlich, klare Raumzuordnungen, durchgängige Übersichtlichkeit, eine erlebbare Mitte für alle und ganz wichtig, zonierte Jahrgangsbereiche, zonierte Klassenfamilien. Beides muss möglich sein, das pädagogische Konzept ist noch offen, kann und muss sich aber über die Gebrauchsdauer auch ändern, weiterentwickeln können. Prosoziales Verhalten, Toleranz und Achtung vor dem anderen können in der altersgemischten Gruppe eher gelernt werden, weil der direkte Umgang mit kleineren und größeren Kindern in der Klasse ständig solche Herausforderungen bietet. So entstehen Situationen, in denen die Schülerinnen und Schüler voneinander und miteinander lernen, so zumindest eine der aktuellen pädagogischen Denkweisen!

Die sechszehn Klassenräume im ersten und zweiten Obergeschoss bilden vier eigenständige Bereiche - Jahrgangsbereiche oder Klassenfamilien - jeweils mit Gruppenräumen, jeweils mit Differenzierungsflächen unterschiedlicher Größe und Ausprägung - ein enorm wichtiger Mehrwert - jeweils mit geschützten, begrünten Terrassen, jeweils mit einem Abstellraum, jeweils mit Raumzugeordneten Garderoben und jeweils mit einer eigenen Toilettenanlage, ganz beiläufig kleiner Teil des Erlernens von Eigenverantwortlichkeit. In der Mitte die beiden großen Gruppenräume, somit auch untereinander verbindbar und die Treppe mit Aufzug, jeweils zu den Jahrgangsbereichen / Klassenfamilien durch Glastüren abtrennbar.

Diese Klarheit schaffen wir auch im Erdgeschoss. Der eingezogene Eingang an der Grethe-Weiser-Strasse führt über einen leistungsfähigen Windfang direkt Richtung Haupttreppe, genauso wie direkt in die zentrale Pausenhalle, Zugang zum Pausenhof, Zugang zum westlich gebündelten Ganztagsbereich und Zugang zum Lehrer- und Verwaltungsbereich, klar übersichtlich und hochfunktional. Wichtig ist uns dabei auch die Multifunktionalität, die Pausenhalle kann mit dem Aufenthaltsraum und zusammen mit dem ohnehin teilbaren Speiseraum zu einer zusammenhängend nutzbaren Fläche verbunden werden, nicht schwer sich hier Schulfeste und andere Veranstaltungen vorzustellen.

Aber auch die vollkommene Autarkie das Ganztagsbereichs ist uns wichtig, zwischen Pausenhalle und Aufenthaltsraum kann eine räumliche Trennung erfolgen, wichtige Voraussetzung für das Funktionieren dieses Bereiches bis hin zum eigenständigen Nebeneingang. Die Anlieferung Küche ist von der Romy-Schneider-Straße her sichtgeschützt gewährleistet, Müllraum und Technik - alternativ in einem Untergeschoss platzierbar - siedeln hier konsequent richtig.

Lehrer- und Verwaltung auf der gegenüberliegenden Seite der Pausenhalle. Ob nun der Lehrerbereich weiter Richtung Pausenhalle platziert ist oder doch die Verwaltung ist Geschmackssache und ganz nach Nutzerwunsch belegbar. Der Fachklassenbereich Musik, Werken, Informationstechnologie und Textilarbeit siedelt konsequent gebündelt im dritten Obergeschoss, auch hier die gleichen Qualitäten wie in den Klassenzimmerbereichen. Der Freibereich verdient die gleiche Aufmerksamkeit und konzeptionelle Sorgfalt wie das Gebäude. Schallschutz zur Europastraße, Orientierung zum Schulcampus, differenzierte Flächenqualitäten - Aktivflächen und Rückzugsorte, Bewegungs- und Ruhebereiche, Entfaltung und Geborgenheit.

Bauherr:

Stadt Neu-Ulm
Abteilung Hochbau
Augsburgerstraße 15
89231 Neu-Ulm

Nutzfläche:

3.945 m²

Umbauter Raum:

22.960 m³

Grundstück:

4.500 m²

Leistungsphasen:

1 - 9

Tragwerk:

IB Lieb, Ulm-Gögglingen

HLS:

IB Ott, Langenau

E:

IB Kienle, Ostrach-Burgweiler

Freianlagen:

Mühlich + Partner, Ulm
silands | Gresz + Kaiser Landschaftsarchitekten, Ulm

Fertigstellung:

2018

Fotos:

Conné van d'Grachten, Ulm
BAUWERK, Augsburg

Objektadresse: